In den folgenden vier Monaten bringt Karen nur einzelne
Wörter hervor.
Doch einen Lichtblick gibt es zu:
Karen bekommt endlich den langersehnten Platz in einem Rehabilitationszentrum.
Im Juli 1981, also drei Monate nach dem Unfall, verlässt Karen Smetacek die Kieler
Klinik. Ihr Bein ist nun einigermaßen verheilt und sie wird in das Rehabilitationszentrum
nach Bergedorf bei Hamburg verlegt. Victor
kann für einige Monate in Hamburg arbeiten und besucht sie weiterhin jeden Tag. Zuerst
wird sie auf einen Rollstuhl gesetzt, mit dem Victor sie zu ihren Anwendungen fährt:
Krankengymnastik,
Ergotherapie, Logopädie, später auch Schwimmen. Ganz allmählich lernt sie sogar, den
Rollstuhl selbst mit der linken Hand zu fahren.
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Die Erfolge stellen sich allmählich ein. Im August darf
Karen zum ersten Mal übers Wochenende nach Hause fahren. Die Smetaceks wohnen im vierten
Stock, und es gibt keinen Aufzug. Also trägt Victor Karen die Treppe hoch und bringt den
Rollstuhl hinterher. Es ist schön, wieder zu Hause zu sein. Die beiden machen Ausflüge
ins Grüne, die Zeit vergeht rasend schnell. Von jetzt ab darf Karen regelmäßig nach
Hause. Victor bringt sie montags nach Hamburg und holt sie freitags wieder ab, der Rest
der Woche ist mit Übungen und Anwendungen
ausgefüllt.
Dann, eines Tages, ist es so weit:
Es war ein schöner Tag, und wir saßen außerhalb der Klinik unter Bäumen... Victor
überzeugte mich, dass ich vom Rollstuhl aufstehen und einige Schritte gehen sollte.
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Ich überwand mich: Langsam stand ich auf, mit Victor an
meiner linken Hand, vorsichtig, damit meinem rechten Bein auf dem Sandweg nichts
passierte. Ich sah auf den Boden und humpelte langsam einen,
zwei - und drei Schritte vorwärts und wieder zurück. Hurra, ich hatte es geschafft.
Im Januar 1982 wird Karen Smetacek aus dem Krankenhaus entlassen, doch erst im Oktober -
also anderthalb Jahre nach dem Unfall - ist sie so weit wieder hergestellt, dass sie
alleine um den Block gehen kann. Die Sprache kommt quälend langsam zurück.
Vor wenigen Monaten war ich Lehrerin gewesen, jetzt wusste ich, dass ich selbst lernen
musste. Ich war wie jemand, der Schach spielen will, aber zuerst alle Regeln lernen muss.
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